Die Bundeskanzlerin ist inzwischen die personifizierte CDU. Angela Merkel steht für die Politik, die Partei, das Programm sowie für das Wohl und Wehe unserer Republik. Sie ist die einsame Spitze bei allen demoskopischen Befunden, beliebt, geachtet und anerkannt. Das vereinzelte Knurren und Murren, das aus Teilen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sowie hin und wieder auch vom zahmen CSU-Löwen zu vernehmen ist, nimmt die Chefin in Berlin mit Gelassenheit und Gleichmut hin.
Beim nächsten CDU-Bundesparteitag wird der gemeinsame Vorstoß der Mittelstandsvereinigung und der Arbeitnehmergruppe gewiss erörtert werden. Der CDA-Führer Karl-Josef Laumann, inzwischen beamteter Staatssekretär beim Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, und der MIT-Vorsitzende Carsten Linnemann blasen zum Abbau der Kalten Progression des Einkommensteuertarifs. Angela Merkel will jedoch erst einmal einen Jahrhunderterfolg, nämlich die „schwarze Null“, im Bundeshaushalt sichern, um so der von ihr bisweilen als Vorbild ins Feld geführten „Schwäbischen Hausfrau“ zu folgen.
Der badische Kassenwart Wolfgang Schäuble hält ebenfalls den Daumen auf den Haushalt und verkündet landauf landab „mir gebbe nichts“. Vielmehr stellt er schon Überlegungen an, wie er den Solidaritätszuschlag in den allgemeinen Steuertarif einbauen kann, um so die Milliarden-Einnahmen auf Dauer zu sichern. Immerhin stehen auf der Ausgabenseite neue hohe Anforderungen an – nicht zuletzt für Straßen und Brücken, für die Bundeswehr und vieles andere, vor allem jedoch auch für die Neuordnung beim Finanzausgleich mit den Ländern. Und die sich deutlich abzeichnenden geopolitischen und geoökonomischen Risiken könnten schon bald die Blütenträume weiterer hoher Steuereinnahmen arg zerzausen.
Gegen Merkel und Schäuble wird wohl schwer zu punkten sein, obwohl CDA und MIT sich mit Sigmar Gabriel und einigen Gewerkschaften in bester Gesellschaft befinden, was die Reduzierung der Steuerprogression anbetrifft. Beide werden also bei ihrem politischen Kurs auf Sicht fahren, auf die „ruhige einnehmende Hand“ setzen und Steuersenkungen für 2017 oder 2018 in Aussicht stellen – natürlich mit dem bekannten Haushaltsvorbehalt, doch mit Blick auf die nächste Bundestagswahl.
In den Bundesländern sieht es für die CDU nicht gerade gut aus. Nur noch in Hessen, Sachsen-Anhalt und im Saarland regiert sie. In Sachsen wird wohl auch der nächste Ministerpräsident Tillich sein; in Thüringen ist es bislang nicht sicher, ob Christiane Lieberknecht nach der jüngsten Wahl als Regierungschefin weitermachen kann. In den meisten anderen Bundesländern spielt die CDU entweder die „zweite Geige“ in großen Koalitionen, ohne dabei besonders aufzufallen, oder sie macht mehr oder weniger Opposition, ohne dass sich dabei Christdemokraten scharf profilieren.
Wie schwer und hart dies ist, das zeigt sich fast beispielhaft in Nordrhein-Westfahlen. Der CDU-Mann Armin Laschet taucht zwar zu allen möglichen Themen vor irgendeiner Kamera auf, doch von einem echten Schlagabtausch mit der NRW-Chefin Hannelore Kraft kann kaum die Rede sein, wenn Opposition sich mit dem Problem der Handy-Erreichbarkeit der Ministerpräsidentin in Szene zu setzen versucht. Die Röttgen-Episode hat in der Tat tiefe Spuren hinterlassen und viele CDU-Anhänger in die Enttäuschung oder gar in Agonie getrieben. Von vertrauensbildenden Fortschritten pro CDU ist hier ebenso wenig zu sehen wie in den Stadtstaaten Bremen und Hamburg, wo im nächsten Jahr Wahlen anstehen. Die CDU-Spitzenkandidaten sind dort unbekannter als die Spieler auf der Reservebank von Werder oder vom HSV und haben kaum Chancen gegen die regierenden SPD-Bürgermeister.
In Baden-Württemberg, jahrzehntelang eine Hochburg für die CDU, werden in Kürze die Weichen für die Landtagswahl im Jahre 2016 gestellt. Der Landesvorsitzende Thomas Strobl macht derzeit bereits „Wahlkampf“ in seiner eigenen Partei; er will Spitzenkandidat und der nächste Ministerpräsident werden. Sein parteiinterner Kontrahent, der derzeitige Landtagspräsident, Guido Wolf, profiliert sich im Ländle als recht populäre Persönlichkeit und Polit-Reimer.
Im November sollen die knapp 69.000 CDU-Mitglieder in Baden-Württemberg per Urwahl die Entscheidung darüber treffen, mit wem sie in die Landtagswahl gehen wollen. Schon jetzt wirbt Thomas Strobl für sich. Der Schwiegersohn von Wolfgang Schäuble verweist dabei auf alle seine politischen Aktivitäten – im Bund ebenso wie im Stadtrat von Heilbronn. Und er verspricht: „Unabhängig davon wie diese Wahl ausgehen mag: Mein Platz ist in Baden-Württemberg.“ Ganz anders als Norbert Röttgen, der seinen Berliner Politjob als gute Rückversicherung verteidigte und damit die eigenen Anhänger tief enttäuschte, kündigt Thomas Strobl einen klaren Kurs an. Ob seine politischen Freunde in der CDU bei der Urwahl ihn deshalb zum Spitzenkandidaten machen, ist nicht sicher. Noch unsicherer ist es, ob er den allseits anerkannten Kretschmann in 2016 besiegen kann.
Bildquelle: Pressefoto der Vorsitzenden Bundeskanzlerin Angela Merkel, © Foto: CDU / Dominik Butzmann