Das Regime des Generals Anstasio Somoza ist im Sommer vor 40 Jahren unter erheblichem politischen und militärischen Druck. Trotz anhaltender Unterstützung der US-Regierung hat die Sandinistische Befreiungsbewegung unter der militärischen Führung von Humberto Ortega, dem Bruder des späteren Präsidenten Daniel Ortega, Erfolge gegen die Armee des Diktators erzielt und zunehmend Anhänger in der nicaraguanischen Bevölkerung, vor allem in Städten wie Leon und Masaya. Der Bürgerkrieg wird noch ein Jahr dauern, mit der Flucht des Diktators und dem siegreichen Einzug der Sandinisten in der Hauptstadt Managua enden. Die Administration in Washington hat eine heftige Niederlage erlitten, die „oberen 10 000“ sind aus Managua überwiegend nach Florida, vor allem nach Miami, geflohen. Mit ihrem Reichtum. Das kleine mittelamerikanischen Land ist weitgehend ruiniert. Die Mehrheit der Menschen erleichtert, hoffnungsvoll.
Die Sandinisten übernehmen die Macht in der überwiegend zerstörten Hauptstadt. Daniel Ortega war der Anführer der Regierungsjunta. Sein Bruder Humberto wird Verteidigungs-, Tomas Borge Innen- und Ernesto Cardenal Kulturminister, der Schriftsteller Sergio Ramirez Stellvertreter des zukünftigen Präsidenten. 20 Jahre nach seiner eigenen Revolution unterstützt Cuba die nicaraguanischen Revolutionäre. Die USA tun das nicht. Die nationale katholische Kirche, die gegen Somoza war, wartet zunächst ab und wird unter der Führung von Kardinal Miguel Obando y Bravo zum Gegner der neuen Führung.
Gioconda Belli ist zu diesem Zeitpunkt 31 Jahre alt und schreibt wunderschöne, das katholische, männlich dominierte Nicaragua empörende erotische Gedichte. 1975 verläßt sie nach massiven Anfeindungen das Land, geht nach Mexiko, nach Costa Rica und kehrt 1978 zurück, veröffentlicht ihren Lyrikband „LINEA DE FUEGO“, bekommt den cubanischen Preis Casa de las Americas und unterstützt die Sandinisten. Ihr Schriftstellerkollege Sergio Ramirez ist zwischen 1973 und 1975 Stipendiat des DAAD in West-Berlin. Er steht der Befreiungsbewegung FSLN nahe und hält die internationalen Kontakte zur Sozialistischen Internationale wie zur Friedrich Ebert Stiftung. Der 37jährige ist zu diesem Zeitpunkt bereits Autor mehrerer Bücher, unter anderem über den Revolutionshelden Sandino.
Daniel Ortegas Vater und Großvater waren Lehrer. Letzterer unterrichtete unter anderem den späteren Diktator Anastasio Somoza. Der Junge Daniel schloß sich nach einem abgebrochenen Studium der Rechtswissenschaften bereits in den 60ger Jahren der FSLN an, wurde inhaftiert, schließlich nach Cuba ausgeflogen und kehrte 1976 als Commandante zur FSLN nach Nicaragua zurück. Ernesto Cardenal ist da bereits deutlich über 50 Jahre alt, der Schriftsteller und Priester ist Anhänger der Befreiungstheologie und wird 1985 vom polnischen Papst Johannes Paul II. mit Unterstützung von Kardinal Obando y Bravo von seinem Amt suspendiert. Bis heute.
Die Situation in Zentralamerika ist Anfang der 80ger Jahre fürchterlich und kriegerisch. Außer in Costa Rica, das ohne Armee und neutral ist, herrschen vor allem in El Salvador und in Guatemala die Militärs. Es gibt Rebellengruppen, vor allem die FMLN in Salvador, die militärisch zunächst nicht ohne Erfolg gegen die nationalen Armeen kämpfen. Vor allem aber in Guatemala wird dieser Kampf zu einem Bürgerkrieg, in dem sich beide Seiten in ihrer Rücksichtslosigkeit nichts nehmen. Cuba und der Warschauer Pakt unterstützen die Rebellen. Die USA die Diktatoren.
So ist es auch in Nicaragua vor allem ab Mitte der 80ger Jahre. Die USA stehen auf der Seite der gegen die Sandinisten einen Krieg beginnenden Contrarebellen. Nach fast sechs Jahren eines fragilen Friedens ist das nicht in Ansätzen wieder aufgebaute Land erneu im Krieg. Die USA unter Präsident Ronald Reagan überfallen 1984 das kleine Grenada in der Karibik, vertreiben den jungen, in Washington unter Marxismus-Verdacht stehenden Präsidenten Maurice Bishop, rüsten in Nicaragua die Contra weiter auf. Die Sandinisten halten bis 1990 durch. Im Frühjahr jenes Jahres werden sie abgewählt und zu ihrem großen Entsetzen in die Opposition geschickt. Die Katholische Kirche ist es zufrieden. Die USA sind es auch. Die Rebellenbewegungen in El Salvador und Guatemala sind in die Bedeutungslosigkeit gekämpft worden. Der General-Dikator Noriega, einst Verbündeter der USA, wird gestürzt und entführt. Gut zehn Jahre nach der Sandinistischen Revolution ist aus der Sicht der US-Regierung ihr „Hinterhof“ wieder stabil.
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