Das Theater um die Einführung einer PKW-Maut wird immer lächerlicher. In dem Umfang, wie sich die Stimmen vor allem aus dem Unionslager mehren, die Sache ruhen zu lassen, weil sie finanziell nichts oder zu wenig bringe und zudem rechtliche Einwände aus der Europäischen Union zu erwarten seien, die diese Art der Maut zum Scheitern bringen würden, baut sich CSU-Chef, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer auf und schäumt, wirft Finanzminister Schäuble Sabotage vor, tut Kritik an der Maut mit Pipifax ab und droht mit härteren Gangarten. Mein Gott, was für eine jämmerliche Geschichte
Die Idee mit dieser Maut entsprang damals dem Wahlkampf. Die CSU, also Seehofer, wollte dem rechten Stammtisch gefallen und etwas gegen Ausländer unternehmen. Das kommt in bestimmen Kreisen des Freistaats immer noch an. Man denke an den Spruch: Wer betrügt fliegt! Gemeint vor allem Rumänen, die nach Deutschland kommen, um Kindergeld und anderes zu kassieren. Es hat sich erwiesen, dass das so nicht der Fall ist. Aber es ist in der Welt und es bedient die Vorurteile gegen Ausländer.
Zurück zur Maut, die eingeführt werden muss, um jene Ausländer endlich zur Kasse zu bitten, die die deutschen Autobahnen übervölkern und mit dazu beitragen, dass sie kaputt gehen. Sollen wir Deutsche das eigentlich selber und allein bezahlen? Werden wir nicht auch im Ausland abkassiert? Der Stammtisch jubelt, also ran an die Ausländer mit ihren Fahrzeugen. Als Beruhigungspille diente und dient wohl weiterhin der Vorschlag, die deutschen Autofahrer würden im gleichen Maße von der KFZ-Steuer befreit oder entlastet, sodass sie nicht mehr blechen müssten. So weit so gut. Aber da beginnen die Probleme, denn dies wäre eine Benachteiligung der Ausländer und insofern gegen das Europa-Recht.
Es hätte in diesem Streit mehrere Chancen gegeben, das Thema zu beerdigen und zwar ohne Gesichtsverlust für die CSU. Denn darum geht es den Seehofers. Ein Dobrindt werde doch nicht scheitern, so ähnlich dröhnte es aus München und so weiter. Als wenn der ein Zauberer wäre! Seehofer drohte inzwischen schon mal mit dem Ende der Koalition oder er ließ drohen, wie man das so sagt. Jetzt spricht er von härteren Gangarten.
Ach wissen Sie, Herr Seehofer, in Berlin fürchtet sich niemand mehr vor einem CSU-Chef, dessen einzige Zuverlässigkeit darin besteht, ständig seine Meinung zu ändern. Der Mann aus Ingolstadt wendet so schnell, dass keiner mehr mitkommt. Aber das will auch längst keiner mehr. Man wendet sich ab und lacht sich krumm. Ach der Horst!
Dabei hätte der CSU-Chef eine Menge zu tun. In der jüngeren Vergangenheit machten einige führende Mitglieder der CSU-Landtagsfraktion, darunter der gegangene CSU-Chef Georg Schmid von sich reden, in dem sie dafür sorgten, dass ihre Familienmitglieder nicht zu kurz kamen. Der genannte Herr Schmidt muss sogar mit einem Gerichtsverfahren rechnen. Dann der Fall Mollath. Übel, wie man mit dem umsprang und ihn jahrelang einsperren ließ. Gerade verließ die Ministerin Christine Haderthauer die Staatskanzlei, weil sie früher mit ihrem Mann ein Geschäft betrieben hat, das Miniatur-Autos im Verhältnis 1:8 herstellte oder herstellen ließ mit Hilfe von psychisch kranken Straftätern und diese dann lukrativ verkaufte. Die Dame Haderthauer, resolut gegenüber Kritikern, gehörte zu den potentiellen Erben und Nachfolgern von Seehofer, wenn dieser eines nicht zu fernen Tages den Posten des Ministerpräsidenten und des CSU-Chefs räumen wird. Quälend lange zog sich die Affäre hin, Tag für Tag, Woche für Woche. Dabei stand früh fest, dass sie das Ganze politisch nicht überleben werde. Aber so sind die Haderthauers, so sind manche in der CSU und die Seehofers, sie meinen immer noch, sie könnten sich alles erlauben. Mia san mir und uns kann keiner.
Überhaupt Bayern und die CSU-Regierung. Es gibt viele ungelöste Probleme, die mit Seehofer und Co zusammen hängen, darunter die Energiewende und die Reform der Gymnasien oder dass Flüchtlinge in Bayern in Bierzelten untergebracht werden, in denen normalerweise gefeiert und gesungen wird. In München steht ein Hofbräuhaus…. Das sieht gar nicht christlich aus, wie man mit diesen armen Teufeln umgeht. Bayern, das gelobte Land?
Dass die CSU im Freistaat trotz allem nahezu ungestört regieren kann und keine Abwahl befürchten muss, liegt in erster Linie nicht an ihrer Stärke, sondern an der Schwäche der Opposition, vor allem der bayerischen SPD, die, wenn sie mal gerade den Kopf über Wasser halten kann, sich kurz drauf innerparteilich so schön streitet, dass der Wähler sich abwendet.
Gestern sah ich eine Wiederholung aus der Reihe „Unter vier Augen“ im bayerischen Fernsehen, ein Gespräch von Nina Ruge mit Theo Waigel, dem früheren Bundesfinanzminister und CSU-Parteichef, dem einst die eigene Partei oder genauer führende CSU-Mitglieder den Aufstieg ins Amt des bayerischen Ministerpräsidenten durch Intrigen verbauten. Wie er da saß und die Fragen beantwortete, höflich, in der Sache gekonnt, gelassen, aber zugleich überlegen, ohne überheblich zu wirken. Waigel ist ein Zeitgenosse, der es aus sehr kleinen Verhältnissen ziemlich weit nach oben gebracht hat, der die deutsche Einheit miterlebte und mitgestaltete, der den Euro miterfand und durchsetzen half, der ein Mann ohne Skandale geblieben ist und bodenständig dazu. Er war es auch, der vor Monaten in der Not zur Verfügung stand und Anstaltsregeln für die Landtagsabgeordneten in Bayern aufschrieb, damit die wissen, was man tut und vor allem was man nicht tut, wozu auch gehört, dass man nicht seine eigenen Familienmitglieder durch Staatsknete bezahlen lässt. Waigel hat Format. Von ihm könnte sich Seehofer eine Scheibe abschneiden.
Horst Seehofer kam an die Macht, weil Edmund Stoiber seinen Abgang verpasste und weil die selbst ernannten Erben Beckstein und Huber mit der Nachfolge nicht klar kamen. 2018 will er aufhören. Zuvor muss er seine Nachfolge regeln. Fragt sich nur wie. Der in Zentimetern lange Mann ist kein Großer, er hat sein Gesicht verloren und sein Gewicht, er ist längst ein politischer Zwerg, Franz Josef Strauß hatte dafür noch schärfere Worte. Und die Sache mit der Maut ist immer noch nicht vom Tisch. Nein, diese CSU pocht zwar immer darauf, eine Partei mit bundesweitem Anspruch zu sein. Doch ist sie längst zu einer Provinzpartei geschrumpft mit dem programmatischen Schwerpunkt Maut. Als wenn es nicht andere Sorgen auf dieser Welt gäbe! Wie sagte doch Tucholsky: Meine Sorgen möchte ich haben.