Persönliche Erfahrungen lehren besser als politische Diskussionen. Diese Überzeugung machte sich beim EuropaCamp in Hamburg das Panel „Festung Europa“ zunutze. Nach dem Dokumentarfilm „Als Paul übers Meer kam“ diskutierten Regisseur Jakob Preuss, der Protagonist seines Films, Paul Nkamani, Amelie Deuflhard, die Intendantin auf Kampnagel, und Burghard Schwenker von Roland Berger über Möglichkeiten einer neuen Migrationspolitik.
Paul Nkamani vermisst seine Heimat, zu 25 Prozent, sagt er, und diese gelten seiner Mutter. Paul kam übers Meer nach Deutschlnd, er arbeitet als Pflegehelfer, macht eine Ausbildung zum Altenpfleger und hat keinen Anspruch auf Asyl. „Ich habe Angst vor der Abschiebung“, sagt er, ein junger Mann, der auf Recht und Ordnung setzt und viel Verständnis für die Politik der geschlossenen Grenzen hat.
„Wenn die CSU wüsste, wie groß ihr Wählerpotenzial unter den Flüchtlingen ist…“, scherzte Jakob Preuss. Der Filmemacher hat eine liberalere Position in der Flüchtlingsfrage, und er plädiert für einen freien Zugang zum Arbeitsmarkt. Nach dem Willkommen das Ankommen in der Gesellschaft.
Der Weg dahin führt auch nach Ansicht von Burkhard Schwenker über die Arbeit. Der Manager hat Ali aus Afghanistan privat in seiner Familie aufgenommen. „Da kommen Menschen, die Schreckliches erlebt haben, denen müssen wir helfen“, sagt er über seine Motive. Und über seine konkreten Erfahrungen: „Die Integrationsaufgabe ist viel größer, als wir uns vorgestellt haben. Es geht nur durch menschliche Zuwendung.“
Die gute Konjunktur schaffe eine ideale Situation, meint Schwenker und fordert, jetzt alle Anstrengungen auf die Integration zu konzentrieren. Die Diskussion über Obergrenzen sei „menschenverachtend“ und lenke von der Integrationsaufgabe ebenso ab wie von der Bekämpfung der Fluchtursachen. „Rund eine Million Menschen lebt jetzt bei uns, die müssen wir integrieren, jetzt“, sagte Schwenker.
Über ermutigende Beispiele sprach Amelie Deuflhard, Intendantin auf Kampnagel, dem Veranstaltungsort des EuropaCamps. „Entscheidend sind die persönlichen Verbindungen“, bekräftigte auch sie und schilderte die aus Flüchtlingsprojekten hervorgegangenen Initiativen: eine Konzertreihe, Karaoke-Programme, ein Refugee-Radio, eine Fernseh-Soap… das zieht Kreise und eröffnet Perspektiven. Ein Appell aus dem Publikum lautete folgerichtig, mehr Anstrengungen auf das Ankommen als auf die Abwehr zu verwenden. Die Europäische Dimension des Themas war da freilich schon aus dem Blick geraten.