Der angeschlagene bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer will nach Informationen aus CSU-Kreisen vorerst Regierungschef bleiben, Joachim Hermann solle Parteichef werden. Für Hermann werde nach einem freiwerdenden Mandatsplatz in Berlin gesucht, damit er Bundesinnenminister werden könne. So der Plan von Seehofer, der Hermann zur Absicherung seiner eigenen Politikkarriere und zur Regelung seiner Nachfolge brauche. Demnach warte der Ministerpräsident darauf, dass einer der 46 CSU-Bundestagsabgeordneten seinen Platz freimache für Hermann. Ein Vorgang, den es vor Jahren schon mal bei der FDP gegeben hat, als ein Mandatsplatz für Guido Westerwelle gesucht und gefunden wurde.
Dass der CSU-Parteichef dann vornehmlich in der Hauptstadt agieren würde, das hat schon Franz-Josef Strauß so gehalten und auch Theo Waigel, der als Bundesfinanzminister im Kabinett von Kohl einen wichtigen Platz hatte. Was mit dem bundespolitischen Anspruch der CSU zu tun hat und mit der Bedeutung der Bundespolitik für die gesamte Landespolitik, die nach dem Urteil von Strauß zu 90 Prozent aus Bundespolitik besteht.
Joachim Hermann könnte den nicht nur innerhalb der CSU wenig geschätzten Bundesinnenminister Thomas de Maiziere ersetzen, der insgesamt als sehr schwach und blass beurteilt wird, als ein Mann, der ziemlich arrogant auftrete und dabei den Eindruck eines Ober-Bürokraten hinterlasse, eines typischen Akten-Trägers, der entscheidungs- und führungsschwach sei. So die Meinung in diesen CSU-Kreisen, die aber auch in Teilen der CDU geteilt wird.
Aigner am Rockschoß von Seehofer
Die Auseinandersetzungen zwischen der Seehofer-Freundes-Gruppe und den Anhängern des bayerischen Finanzministers Markus Söder gehen nach diesen Informationen weiter. So hätten CSU-Politiker aus Oberbayern am Wochenende die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner in die Zange genommen und ihr vorgeworfen, sie hänge zu sehr am Rockschoss von Horst Seehofer. Kritisch wurde in dieser Runde vermerkt, dass Söder nicht zum Kreis der Sondierungs-Politiker gehöre, aber Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl in Berlin dabei sei. Man habe von Aigner wissen wollen, worum es denn eigentlich gehe: „Wollen wir Wahlen gewinnen, also die bayerische Landtagswahl im September nächsten Jahres, oder nur Söder als Ministerpräsident und Parteichef verhindern“?
Äußerst kritisch werde in Bayern auch die Art der Sondierungsgespräche bewertet, die bisher ja nicht mal den Charakter von Gesprächen gehabt hätten, sondern eher Bilder vom Balkon gewesen wären, ohne jegliche Inhalte. Dazu passe das alberne Drumherum um Jamaika, die Insel, wie weit sie entfernt von Berlin sei, dass es dort sehr gute Sportler gebe, vor allem Sprinter. „Was hat das mit Politik zu tun“, so die ärgerliche Reaktion aus dem deutschen Südstaat. In der Kommission gebe es offensichtlich zu viele Wichtigtuer. Auch die personell mehr als aufgeblasene Verhandlungsgruppe von 52 Personen stösst demnach im Freistaat auf viel Ablehnung.
Gesundbeterei löst keine Probleme
Dass man plane, sogar bis Weihnachten verhandeln zu wollen, sei doch lächerlich. Man müsse endlich anfangen, damit man bald zu Potte komme. Den Menschen im Lande stosse übel auf, wenn dauernd schwadroniert werde. Gesundbeterei löse die Probleme nicht. Der Öffentlichkeit werde zudem ein falscher Eindruck aufgezeigt, wenn man zum Beispiel von einem 100-Mrd-Euro-Programm rede. Das sei in Wahrheit nichts anderes als der Zusammenschrieb von Wahlprogrammen, die aber in den künftigen Verhandlungen keine Rolle spielten. Als geradezu kümmerlich wird in diesen Kreisen auch ein Großteil der Berliner Medien beurteilt, die das alles durchgehen ließen und die allzu devot gegenüber der Kanzlerin Angela Merkel seien. Überhaupt die Kanzlerin: Sie bliebe weiterhin im Ungefähren, ja keine Klarheit in den politischen Zielen. Als Beispiel wird hier ihre Haltung zum Burka-Verbot genannt, das etwaund so klinge: Wir sind für ein Burka-Verbot im Rahmen unserer Möglichkeiten.
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