Mit Regionalkonferenzen hinter verschlossenen Türen will die SPD-Führung die Partei wieder nach vorne bringen. Die bekannten Sesselpupser und Funktionäre wollen offenbar ihren Selbstbedienungsladen weiterhin geschlossen halten, statt Fenster und Türen weit auf zu reißen, um neue Leute und Ideen herein zu lassen. Die Öffentlichkeit soll weiter ausgesperrt werden in der 20 Prozent Volkspartei, die alten Kader wollen weiter unter sich bleiben. Wer personelle oder inhaltliche Konsequenzen erwartet, der sollte nach NRW blicken, wo nach der Wahlniederlage Hannelore Kraft sich beleidigt-wortlos aus dem Staub machte und noch nicht einmal das Rückgrat hatte sich einem Landesparteitag zu stellen. Die Fraktion wird von dem über 70jährigen Norbert Römer geführt, den Landesvorsitz hat der bald 61 jährigen ex-Minister Mike Groschek inne und als Generalsekretärin figuriert mit Svenja Schulze eines der schwächsten Glieder im ehemaligen Kabinett von Hannelore Kraft.
Die Erneuerung an der Spitze mit dem Wahlverlierer Martin Schulz und der Altfunktionärin Andrea Nahles soll gleichzeitig an der Basis durch den nach wie vor verkrusteten Parteiapparat an Fahrt gewinnen. Profilschärfung mit einer Doppelspitze bei der die Fraktionsvorsitzende Nahles im Bundestag ihr Rederecht vor dem Parteivorsitzenden nutzen wird. Hoffentlich singt sie nicht wieder im Hohen Haus wie einst mit schiefen Tönen zum Gelächter der Nation. Wer da an Erneuerung glaubt, hält den Stalinismus für eine Befreiungstheologie und das Willy Brandt Haus für ein Startup in dem alle Böcke zum Gärtner gemacht werden können.
Der SPD-Erfolg in Niedersachsen ist nicht wegen sondern trotz der Berliner Parteispitze erfolgt. Die inhaltliche Erneuerung in der Oppositionsrolle braucht auch neue personelle Angebote. Deshalb wäre eine Manuela Schwesig als stellvertretende Parteivorsitzende ebenso wie der niedersächsische Amtskollege Stephan Weil wenigstens ein kleiner Schritt in Richtung neue SPD. Andrea Nahles aber auch Martin Schulz sind zu sehr Mitverantwortliche für das elementare Versagen der SPD in den letzten Jahren als dass sie glaubwürdig als Reformer auftreten könnten. Diese Erneuerung mit einem anderen personellen wie inhaltlichen Angebot kann in der Opposition leichter gelingen als der Union, die in der Regierungsverantwortung- eingebunden in einer Jamaika-Koalition- ganz anderen Zwängen unterliegt als bislang im Bündnis mit den folgsamen Sozialdemokraten. Die Fliehkräfte dieser Regierungskoalition aufzuzeigen reicht für die Oppositionsarbeit nicht. Zu sehr hat die SPD Themen wie Globalisierung, Digitalisierung, Bildung aber vor allem Kultur links wie rechts des Weges liegen gelassen. Kreative Großstädter, innovative Mittelständler, junge wagemutige Gründer, ökologisch bewusste Winzer oder Landwirte, wo sind sie in dieser SPD, die einst die Literaten und Künstler magnetisch an sich ziehen konnte, heute zu finden?
Diese alt gewordenen Partei hat jetzt noch einmal die Chance eines Neuanfangs. Nutzen kann sie diese nur, wenn sie sich nicht weiter einsperrt sondern wirklich öffnet und wieder mutig Themen anpackt, wie es ihre Geschichte lehrt.
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