Ein ehemaliger französische Wirtschaftsminister, ein früherer italienischer Präsident, ein Ex-Präsident Portugals, ein einstiger Premier Luxemburgs. Jacques Delors, Romano Prodi, José Manuel Barroso und Jean-Claude Juncker sind vier der insgesamt vierzehn Präsidenten, die der Europäischen Kommission seit ihrer Gründung vor 50 Jahren vorsaßen. Sie alle glauben und glaubten an die Idee einer handlungsfähigen Staatengemeinschaft, legten nationale Ambitionen und Interessen ab, um europäische Integration umzusetzen. Während ihrer Amtszeiten wurde die Europäische Union gegründet, ein gemeinsamer Markt geschaffen und eine eigene Währung etabliert. Die Integration der nationalen Energiesektoren bleibt jedoch weiter offen. Dabei ist eine zuverlässige und günstige Energieversorgung zeit ihres Bestehens Ziel Europäischer Kommissionen.
Gemeinsame Energiepolitik als Inhalt einer Zollunion
Die Geschichte der Gründung des Exekutivorgans der EU kann verwirren. Der Vertrag von Rom setzte bereits 1958 mit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) Kommissionen für die verschiedenen Gemeinschaften ein. Mit der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) bildeten sie die Europäischen Gemeinschaften, die sich fortan zwar ein Parlament und Gerichtshof teilten, die Kommissionen arbeiteten jedoch in einer Dreifachbesetzung unter einem Dach.
Bis 1967 blieben die Parallelstrukturen erhalten, dann entschied der Fusionsvertrag über die Zusammenlegung der Hohen Behörde der EGKS mit den Kommissionen der EWG und EURATOM. Heute vor 50 Jahren trat der Vertrag in Kraft, fünf Tage später nahm die erste vereinte Europäische Kommission unter dem Belgier Jean Rey die Arbeit auf. Ihre Aufgabe: Die europäische Zollunion aufzubauen sowie eine gemeinsame Energie-, Wirtschafts- und Forschungspolitik voranzutreiben. Eine Aufgabe, die einer „Zollunion“ erst ihren Inhalt gebe, schrieb die „Zeit“ noch 1967 zum Amtsstart der Rey-Kommission.
Europäischer Energiebinnenmarkt bleibt offen
Energie, das war damals noch Kohle, Atomkraft, Erdöl und Erdgas. Bis zum Jahr 2000 sollten 80 Prozent der Kraftwerke in Europa Atomstrom erzeugen, der übrige Anteil sollte der Kohleindustrie vorbehalten sein, Erdöl-Importe sollten die europäische Wirtschaftskraft zu weiterem Wachstum verhelfen. „Das Ziel ist sichere und billige Energie für Europa“, fasste die „Zeit“ die Bestrebungen zusammen. Die Ölkrise der 70er Jahre rüttelte die Gemeinschaft auf, die ihre eigene Abhängigkeit von Ölimporten schmerzhaft realisierte. Einige Länder bekamen die Auswirkungen der Kürzungen schmerzhafter zu spüren als andere, die Gemeinschaft teilte sich in Lager. Öl wurde ein Politikum, ein Sicherheitsthema, das Europa spaltete. Anstatt zu einer gemeinsamen Antwort anzusetzen, brachte der Druck durch die arabischen Erdöl exportierenden Staaten „OAPEC“ das Thema Energiepolitik wieder an den nationalen Verhandlungstisch. Erst 1988 drängte die damalige Kommission Delors mit einem Report zu einem europäischen Energiebinnenmarkt auf einen neuen energiepolitischen Durchbruch. Bis zum magischen Jahr 1993 wollte dieser erreicht sein. Dann würde ein gemeinsamer Binnenmarkt die Freiheit des Personen-, Waren-, Kapital- und Dienstleistungsverkehrs durchsetzen. 1993 blieben die Sektoren Strom und Gas jedoch letztlich ausgeschlossen, der Energiebinnenmarkt unerreicht.
Veränderte Ziele: Treibhausgase um 80 vh verringern
50 Jahre später liegt der Vorschlag für eine Energieunion noch immer auf dem Tisch der Kommission. Unterzeichnet ist die Grundlagenstudie von Jacques Delors. 15 Jahre sind seit seinem Kommissionsvorsitz vergangen, mittlerweile ist der Franzose neben Helmut Kohl und Jean Monnet einer der drei EU-Ehrenbürger. Unter Jean-Claude Juncker soll eine Energieunion nun Realität werden. Die Ziele lesen sich ähnlich wie 1967, doch atomare Stromproduktion ist längst nicht mehr so unumstritten wie noch vor einem halben Jahrhundert. Stattdessen betreibt die EU Kommission heute aktiv Klimapolitik, will die EU zum Marktführer erneuerbarer Energien machen. Die Ziele für 2020 sind darauf ausgerichtet: 20% Reduktion von Emissionen, 20% Energie aus regenerativen Quellen, 20% mehr Energieeffizienz Das 2000er Ziel von 80 Prozent nuklearer Energie hat sich in den Plan, Treibhausgase bis 2050 um 80-95% zu verringern, gewandelt. Als Rey seine Ziele verfasste, blieben ihm 33 Jahre für die Umsetzung bis zum Jahr 2000. Auch Juncker hat 36 Jahre veranschlagt, bis Europa weitgehend emissionsfrei sein soll. Im Plan der Juncker-Kommission steht die Umsetzung der Energieunion als Basis der Ziele an zweiter Stelle. Ein Wendepunkt, an dem die Kommission vor 20 Jahren einmal scheiterte. Vor zwei Jahren einigten sich jedoch auch die Mitgliedstaaten darauf. Eine Aufgabe, deren Umsetzung ein neuer Meilenstein in der Geschichte der Kommission werden könnte.
Quellen:
http://www.zeit.de/1967/27/europa-nach-hallstein
http://juncker.epp.eu/node/151
http://www.zeit.de/1967/27/europa-nach-hallstein
http://juncker.epp.eu/node/151
http://www.zeit.de/1989/10/bruessel-droht/seite-2
http://www.bpb.de/politik/wirtschaft/energiepolitik/152515/energiebinnenmarkt-der-eu
Bildquelle: Wikipedia, Dr Murali Mohan Gurram, CC BY-SA 3.0