Zum 1. April bekommt die Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) mit Dr. Marc Jan Eumann einen neuen Direktor. Natürlich hat Malu Dreyer diesen nicht selbst direkt „erwählt“ oder eigenhändig ernannt, aber die „Staatsferne“ der Findungskommission wie der LMK selbst kann niemand ernsthaft behaupten. Daher steht die Ministerpräsidentin für diesen Vorgang in direkter Verantwortung. Die „Wahl“ des einzigen Bewerbers war geheimer und undemokratischer als eine Papstwahl, eine wirkliche Farce. Und dennoch erhielt der einzige „Kandidat“ gerade einmal eine Stimme mehr als die erforderliche Mehrheit. „Peinliche Medienaufseher“ titelte entsprechend das Medienmagazin ÜBERMEDIEN. Aber nicht nur das schon vielfach diskutierte „Bestellungsverfahren“, auch die Eignung des Kandidaten müsste Malu Dreyer die Schamesröte ins Gesicht treiben, auch an einem 1. April, an dem ja sonst nahezu jeder Schabernack erlaubt ist.
#SPDERNEUERN war das vielversprechende Motto, mit dem die SPD nach den herben Wahlniederlagen des Jahres 2017 und den verheerenden Grabenkämpfen vor und nach der Bundestagswahl wieder in die Erfolgsspur gehen wollte. Auf ihrer Kampagnenwebseite zu den großangelegten Dialogveranstaltungen im Herbst 2017 hieß es: „Was jetzt folgen muss, (…) ist eine Antwort auf die Frage, wie wir das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen können.“
Demokratie, Transparenz, Offenheit, Ehrlichkeit, Streitkultur, Gerechtigkeit waren nur einige der Schlagwörter, mit denen der Bevölkerung wieder ins Bewusstsein gebracht werden sollte, wofür die SPD in ihrer langen Geschichte stand und wofür sie wieder stehen will. Zu den Hoffnungsträgern und -trägerinnen, die diesen Prozess glaubhaft unters Wahlvolk bringen sollten, zählte ganz zentral auch Malu Dreyer. Zu Unrecht, wie die für die SPD in Rheinland-Pfalz, NRW und im Bund höchstpeinliche Personalie belegt. Bis vor wenigen Tagen wurde über die „Wahl“ des neuen Direktors auch vor Gericht gestritten. Doch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt a. d. Weinstraße
„Die Entscheidung über die Vergabe der Direktorenstelle liege nach dem Landesmediengesetz in der alleinigen Verantwortung der Versammlung der LMK, (…) Der Gesetzgeber billige diesem Gremium eine weitgehende Freiheit zur Selbstorganisation bei der Wahl des Direktors oder der Direktorin zu.“
wurde im Eilverfahren vor der nächsten Instanz nicht in Frage gestellt. Letztendlich bedeutet das aber nichts anderes, als dass demokratische Kriterien bei der Besetzung einer solch exponierten Stelle nicht angewendet werden müssen. Ein offenes Scheunentor für alle parteipolitisch motivierten Versorgungslösungen auf Kosten des Steuerzahlers bzw. hier des Rundfunkgebührenzahlers. Die Sicht eines von der Findungskommission nicht zugelassenen „Mitbewerbers“ unterhält daher zu Recht seit einigen Wochen die Leserschaft von Telepolis in fast kabarettistischer Weise.
Aber über das „Bestellungsverfahren“ hinaus, gibt es erhebliche und ernstzunehmende Zweifel, ob der Eumann ein Kandidat ist, der die hohen Erwartungen an die Erneuerung der SPD auch nur im Ansatz erfüllt.
Schon kurz nach Bekanntwerden der Personalie forderte der medienpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Josef Dötsch, Eumann auf „den Vertrag nicht zu unterzeichnen. Die Stelle müsse neu und offen ausgeschrieben werden, verlangte Dötsch. Er warf Eumann vor, in einer Spendenaffäre in Köln fingierte Quittungen angenommen und beim Finanzamt eingereicht zu haben. Außerdem habe Eumann seine Magisterarbeit als Promotion verkauft“.
Sicherlich ein nicht ganz ernstzunehmender Vorschlag, da die CDU in der Findungskommission die „Füße still hielt“, um die Bestellung „Ihres“ stellvertretenden Direktors nicht zu gefährden. Aber es trifft eine entscheidende Schwachstelle des neuen Direktors. Es umgibt Eumann ein Hauch von „zu Guttenberg“: Konsequente Vernetzung, zielstrebige Karriereplanung und sehr freie Interpretation zentraler Normen und Werte. Nur eine Petitesse am Rand, so steht in seinem – am 31.3.2018 immer noch auf der offiziellen Seite der Landesregierung einsehbaren – Lebenslauf einiges, was sehr verdichtet. Eumann gibt dort z.B. unmittelbar nach seinem Abitur unter „Karriere“ an: 1985 bis 1990: Tätigkeit als Journalist (u.a. WDR, Deutschlandradio)“. Ein Hinweis auf eine entsprechende Ausbildung fehlt. Für 1990-1992 ist dort zu lesen: „ Referent für publizistische Aktivitäten beim Oberbürgermeister der Stadt Köln“. Das Studium endete erst 1991.
Es folgte ein weiterer steiler Aufstieg in und über die SPD, der ihn 2005 in den Landtag führte und dann 2010 zum Staatssekretär machte. Dort war er im Medienbereich einflussreicher wie umstrittener Netzwerker und „Strippenzieher“, z.B. bei der Beförderung enger Freunde und Mitstreiter in entscheidende Positionen, z.B. in den WDR-Rundfunkrat, oder bei der „Entsorgung“ parteipolitisch unbequemer Amtsinhaber in einflussreichen Positionen (Landesanstalt für Medien NRW). Nahezu ein „Treppenwitz“, dass er als entscheidender Akteur Verantwortung für die 2014 erfolgte gesetzliche Festschreibung in NRW trägt, dass auf den Direktorenposten der LfM nur noch Volljuristen zugelassen werden. Der Amtsinhaber, Historiker, mußte weichen. Nun ist Eumann, selbst Historiker, in Rheinland-Pfalz in genau eben dieser Position. Er selbst hat dabei offensichtlich keine Bedenken.
Weit schwerer noch wirken die Umstände seiner Promotion. Schon oft genug wurde der Vorwurf eines „Selbstplagiats“ belegt und öffentlich diskutiert. Was aber bisher nicht oder nur niederschwellig thematisiert wurde, ist, dass unter seiner Ägide als Medien-Staatssekretär parallel zu seiner Promotion das Land NRW und die Staatskanzlei über 320.000 EURO an Institute und Firmen der beiden betreuenden Professoren ausschüttete. Das Institut seines Doktorvaters, Prof. Dr. Horst Pöttker, erhielt 2011, also dem Jahr der Promotion Eumanns, Förderung durch Landesmittel in Höhe von 202.000 EURO. Die Firma des seit 2008 emeritierten Zweitgutachters Prof. Dr. Ulrich Pätzold, das Institut Formatt , erhielt Ende 2011 122.000 EURO für drei freihändig vergebene Gutachten. Alles also die Promotion Eumanns begleitend.
Ein wohl einmaliger Vorgang, der sicher nicht einfach unter die Rubrik „Geschmäckle“ fällt, wenn man sich vergewissert, dass Eumann für seinen Doktortitel eine fast 20 Jahre alte Magisterarbeit „recycelt“ hat. Wie immer man das alles im Einzelnen erklären will, so sieht kein „Neuanfang“ aus, der offen, ehrlich und demokratisch wichtige Positionen des Gemeinwesens vergibt. Malu Dreyer hätte hier „Flagge zeigen“ müssen und können. Aber auch in der neuen SPD schlägt das Versorgungsprinzip offenbar Verstand und Anstand gleichermaßen.
Die aktuelle Diskussion um die Aufblähung des politischen Beamtenapparates in Berlin oder die wundersame Beförderung von Martin Selmayr vom „Sherpa“ des Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Junckers, zum Generalsekretär der Europäischen Kommission und damit zum Chef über den gesamten Beamtenapparat der EU, läßt auch an der CDU/CSU Zweifel aufkommen, ob Lehren aus der sinkenden Zustimmung zu den großen Parteien gezogen wurden.
Eumann hat sein Abitur, so sein Lebenslauf, am Hölderlin-Gymnasium in Köln abgelegt. Vielleicht hätte er in den Werken des Namensgebers genauer nachlesen sollen. Denn dort findet sich eine von vielen auch heute bedenkenswerten Zeilen:
Wer Gutes ehrt, er macht sich keinen Schaden!
Aber das hätte noch viel mehr für Malu Dreyer gelten müssen, um auch öffentlich dem Lippenbekenntnis einer Erneuerung Taten folgen zu lassen.
Bildquelle: Flickr, Foto: Katja Evertz, CC BY 2.0
Super, danke! Das tut gut, wenn mal Ross und Reiter bei diesen Mauscheleien und Betrügereien genant werden! Das treibt die Wähler genau in die falschen Arme.